Innere Werte – Februar 2022 – Divertikulose und Divertikulitis
FEB 15, 202282 MIN
Innere Werte – Februar 2022 – Divertikulose und Divertikulitis
FEB 15, 202282 MIN
Description
Pin-Up-Docs Innere Werte: Jeden Monat sezieren wir für euch ein Thema aus dem weiten Feld der Inneren Medizin, berichten von unseren Praxiserfahrungen, verknüpfen mit aktueller Forschung und möchten euch kurzweilig Handlungsempfehlungen für euren medizinischen Alltag vermitteln.
In der elften Folge beschäftigen wir uns mit dem Thema Divertikulose und Divertikulitis.
CME-Punkte könnt Ihr bis einschließlich 28. Februar 2022 erwerben. Um diese zu beantragen, könnt Ihr die in der Folge genannten Codewörter im CME-Formular eintragen.
Wir freuen uns immer über Feedback via Kontaktformular oder eMail:
Der Begriff „Divertikelkrankheit“ fasst alle symptomatischen Zustände inkl. der Divertikulitis und all ihrer Komplikationen und Chronifizierungen zusammen.
Treten Symptome im divertikel-tragenden Colon-Abschnitt ohne fassbare Entzündung auf, nennt man dies Symptomatic uncomplicated diverticular disease (SUDD)
Pressen beim Stuhlgang führt nicht zu vermehrter Divertikelbildung (hat aber andere ungünstige Folgen :D).
Die Divertikelkrankheit wird nach CDD klassifiziert:
Stadium 1 bezeichnet die SUDD, Stadium 2 die unkomplizierte Divertikulitis, Stadium 3 die komplizierte Divertikulitis, Stadium 4 die Divertikelblutung.
Wichtige Änderung: Stadium 2a und 2b werden mittlerweile durch neuen Grenzwert der Abszessgröße unterschieden. Dieser liegt nun bei einem Cutoff von 3 cm. >3 cm Asbzessgröße (CDD 2b) sollte eine bildgebend kontrollierte Drainage erwogen werden.
Je früher im Leben die Divertikel im Darm entstehen, desto höher die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Divertikulitis, durchschnittlich dauert es ca. 7 Jahre bis zur ersten Episode.
10-20% (je nach Population) aller Betroffenen kriegen nach der ersten Divertikulitis 1 oder mehr Rezidive, mit jedem Rezidiv steigt das Risiko für ein weiteres späteres Rezidiv. Das Risiko ist im 1. Jahr nach Erstmanifestation am höchsten.
Das Perforationsrisiko sinkt von Rezidiv zu Rezidiv, beim 5. Schub liegt es nur noch bei 1% – warum das so ist, ist nicht restlos geklärt, vermutet werden entzündlich bedingte Adhäsionen durch die vorausgegangenen Schübe, die stabilisierend wirken.
Risikofaktoren senken lohnt sich lebenslang, da weiterhin neue Divertikel entstehen können.
Popcorn/Körner/Saaten erhöhen nicht das Risiko für eine Divertikulitis.
Nicht jede Divertikulitis oder jedes Rezidiv einer solchen muss operiert werden.
OP-Kriterien sind z.B. ein komplikativer Akutverlauf, ein chronischer Verlauf mit Komplikationen wie Fisteln oder eine Einschränkung der Lebensqualität nach rezidivierenden Divertikulitiden.
Sonographie ist ein nützliches Tool für die Primärdiagnostik, insbesondere die komplizierte Divertikulitis (ab Stadium 2) kann sonographisch abhängig vom Erfahrungsschatz und den Untersuchungsbedingungen mglw. fehleingeschätzt werden.
Bei stark ausgeprägten Symptomen (Peritonitis, hohes Fieber, Symptomatik >5 Tage) sowie hohen CRP-Werten und/oder schlechter Darstellbarkeit sollte ein CT erfolgen.
PCT ist aufgrund des lokalisierten Befundes (mit Ausnahme der freien Perforation) meist eher unwesentlich erhöht (<0,5 ng/ml).
Endoskopie bei gesicherter akuter Divertikulitis bleibt für den Regelfall „out“ (mindestens gering erhöhtes Perforationsrisiko).
Intervall-Koloskopie i.S. einer aufgefrischten Vorsorgekoloskopie 6-8 Wochen nach akuter Divertikulitis wird weiterhin empfohlen.
Antibiotikatherapie ist kein Muss bei gesichert unkomplizierter Divertikulitis (1a und 1b) bei jungen, immunkompetenten Betroffenen ohne relevante Komorbiditäten. Begleitend sollten eine analgetische Therapie und ggf. Stuhlregulierung erfolgen. Für diätetische Maßnahmen gibt es bei der unkomplizierten Divertikulitis keine Evidenz, klinische Re-Evaluation bei ambulanter Weiterbehandlung und ggf. Laborkontrolle nicht vergessen!
Betroffene, die (z.B. auf eigenen Wunsch oder bei unkomplizierter Divertikulitis mit Komorbiditäten) ambulant behandelt werden, können Amoxicillin/Clavulansäure erhalten (ohne Nachteile im Vergleich zu den mittlerweile aufgrund der UAW sparsam einzusetzenden Fluorchinolone).
Bei stationärer und intravenöser Therapie:
Ceftriaxon + Metronidazol oder Amoxicillin/Clavulansäure
Bei Allergien/Unverträglichkeiten alternativ: Fluorchinolon + Metronidazol
Mesalazin ist nur für die SUDD empfohlen, nicht für die akute Divertikulitis.
Probiotika und Rifaximin sind in keinem Stadium empfohlen.
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Studien
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